Im Jahre 1263 wanderte der deutsche Priester Petrus von Prag betrübten Herzens nach Rom um dort in Zweifeln, die ihn ängstigten, die Quelle des Glaubens, die Leuchte der Wahrheit, die der Herr selbst auf den Stuhl des Heiligen Petrus gesetzt hat, zu befragen. Sein Glaube an die wirkliche Gegenwart Christi unter der Gestalt des Weines litt nämlich große Versuchung. Vergeblich suchte er sich dieses Geheimnis zu erklären. Oft bat er Gott, ihm doch diese beängstigenden Zweifel zu nehmen, aber vergeblich. Als er nun auf seiner Wanderung in das Städtchen Bolsena kam, das an der Straße nach Rom nicht fern von Orvieto am Fuße eines Hügels liegt, feierte er in der Kirche St. Christina die heilige Messe.
Jetzt würdigte sich Gott, ihn zu erhören und seine Zweifel verschwinden zu lassen. Bei der Wandlung fängt plötzlich das heilige Blut im Kelch zu wallen an, über den Rand des Kelches träufeln Tropfen auf das Korporale, und es erscheinen blutrote Flecken . Der Priester, voll Schrecken, sucht das Vorgefallene zu verbergen, er legt das Korporale zusammen, allein die Blutstropfen dringen durch die Falten und vier davon fallen auf das Marmorpflaster von dem Altare mit allen Zeichen frischen Blutes. Nun war es dem Priester nicht mehr möglich, die Sache zu verbergen, und da er vernahm, dass Papst Urban IV. im nahen Orvieto sich befinde, eilte er dahin, bekannte ihm alles reumütig und erhielt die Absolution. Der Papst ließ sich hierauf das blutbefleckte Korporale bringen, und als er sich von der Wahrheit des Wunders überzeugt hatte, setzte er es unter großer Feierlichkeit in der Kathedralkirche daselbst bei. Die Marmorsteine mit den Blutstropfen wurden in der Christinakirche zu Bolsena mit großer Ehrfurcht aufbewahrt, wo sie heute noch vom Volke verehrt werden. Im Jahre 1290 legte Papst Nikolaus IV. den Grundstein zu einer Kirche, in welcher das wunderbare Korporale zur Verehrung ausgestellt werden sollte. Die Kirche wetteifert an Schönheit und Größe mit den berühmtesten Tempeln.
Das wunder zu Bolsena war neben der Offenbarung, der heiligen Juliana ein Hauptgrund, dass Papst Urban IV. nicht mehr zögerte, das Fronleichnamsfest einzuführen. Der weltberühmte Maler Raphael verherrlichte das Wunder durch seinen Pinsel. Sein erhabenes prachtvolles Bild ist im Vatikan zu Rom zu sehen.
(leicht überarbeitet entnommen aus: Ott, Georg, Eucharisticum, Regensburg 1869, S. 211-212)
Raphael: Die Messe von Bolsena (Ausschnitt)