Wie wir gesehen haben hat es die Aufbewahrung und Anbetung des Allerheiligsten Altarsakramentes seit den frühen Tagen der Kirche gegeben. Aber mit dem Konzil von Trient begann eine neue Ära in der Verehrung der Gläubigen im Bezug auf die wahre Gegenwart Christi in der Eucharistie.
Das Vierzigstündige Gebet
Vor Ende des sechzehnten Jahrhunderts veröffentlichte Papst Klemens VIII. 1592 ein historisches Dokument, das in italienisch Quarant‘ Ore (Vierzig Stunden) genannt wurde.
Die Frömmigkeitsübung bestand aus vierzig Stunden fortdauernden Gebetes vor dem ausgesetzten Allerheiligsten Altarsakrament. Schon früher wurde dieses auf lokaler Ebene in Mailand eingeführt, der Bischof von Rom hat dann diese Übung nicht nur für Rom erlaubt, sondern auch erklärt, wie sie gehalten werden soll.
Wir haben beschlossen in dieser Mutterstadt Rom ein ununterbrochenes Gebet öffentlich einzurichten in solcher Weise, dass in den verschiedenen Kirchen [er nennt sie im einzelnen] an festgesetzten Tagen die fromme und heilbringende Übung des Vierzigstündigen Gebetes gehalten werden soll; es soll so auf die Kirchen und Zeiten verteilt werden, dass zu jeder Stunde des Tages und der Nacht der Wohlgeruch des Gebetes ohne Unterbrechung vor das Angesicht des Herrn aufsteigen möge.
Ungefähr ein Jahrhundert später (1731) veröffentlichte Klemens XIII. eine detaillierte Reihe von Anweisungen für die würdige Ausführung des Vierzigstündigen Gebetes, z.B.
- Das Allerheiligste Altarsakrament wird immer auf dem Hochaltar ausgesetzt, ausgenommen in Patriarchalbasiliken.
- Statuen, Reliquien und Bilder um den Aussetzungsaltar müssen entfernt oder verhängt werden.
- Nur Kleriker im Chorhemd dürfen sich um den Aussetzungsaltar kümmern.
- Die Anbeter müssen einander ununterbrochen ablösen vor dem Allerheiligsten Altarsakrament, ein Priester oder Kleriker des höheren Ranges soll mit dabei sein.
- Am Aussetzungsaltar dürfen keine Heilige Messen gefeiert werden.
Schrittweise verbreitete sich das Vierzigstündige Gebet in der katholischen Welt. Empfohlen vom Kodex des Kirchenrechts von 1917 bestimmt der neue Kodex von 1983, dass in Kirchen und Oratorien, in denen die Eucharistie aufbewahrt wird,
es empfohlen wird, dort alljährlich eine feierliche Aussetzung des Allerheiligsten abzuhalten, die eine angemessene, wenn auch nicht zusammenhängende Zeit dauert, damit die örtliche Gemeinde das Geheimnis der Eucharistie tiefer bedenkt und verehrt (CIC can. 942).
Ewige Anbetung
Der Ausdruck “Ewige Anbetung” wird weithin verwendet um die praktisch ununterbrochene Anbetung des Allerheiligsten Altarsakramentes zu bezeichnen. Der Ausdruck kann allerdings verschiedene Bedeutungen haben:
- Die Anbetung ist buchstäblich ewig, d.h. es ist immer jemand da, der vor dem Allerheiligsten Altarsakrament betet.
- Die Anbetung ist ewig mit nur kurzen Unterbrechungen, die durch zwingende Gründe oder unkontrollierbare Umstände erforderlich sind.
- Die Anbetung ist ununterbrochen für eine längeren oder kürzeren Zeitabschnitt, einen Tag oder mehrere Tage wie z.B. beim Vierzigstündigen Gebet.
- Die Anbetung ist ununterbrochen in einer speziellen Kirche oder Kapelle
- Die Anbetung ist ununterbrochen in verschiedenen Kirchen oder Kapellen in einem Gebiet wie z.B. in einer Diözese oder einem Land oder in der ganzen Welt.
Einige Autoren führen die ersten Anfänge der Ewigen Anbetung auf das späte vierte Jahrhundert zurück, als Neubekehrte in einigen Diözesen das ausgesetzte Allerheiligste Altarsakrament nach ihrer Taufe acht Tage hindurch angebetet haben. Auf jeden Fall steht fest, dass schon vor der Einführung des Fronleichnamsfestes nicht nur Ordensleute in ihren Konventen und Klöstern, sondern ebenso Laien die Ewige Anbetung praktiziert haben.
Nach seinem Sieg über die Albigenser bat König Ludwig VII. von Frankreich den Bischof von Avignon um die Aussetzung des Allerheiligsten Altarsakramentes in der Heilig-Kreuz-Kapelle (14. September 1226). Der Andrang der Anbeter war so groß, dass der Bischof entschied, diese Anbetung Tag und Nacht fortzusetzen. Dies wurde später bestätigt durch den heiligen Stuhl und dauerte ununterbrochen fort bis zur Französischen Revolution 1792. Im Jahre 1829 wurde diese Ewige Anbetung wiedererrichtet.
Wie auch immer, es dauerte bis zum Konzil von Trient, bis die Ewige Anbetung sich in einer weltweiten Dimension entwickeln konnte. Wir können insbesondere die folgenden Formen unterscheiden:
Kontemplative Gemeinschaften
wurden gegründet für den ausdrücklichen Zweck der Anbetung des Allerheiligsten Altarsakramentes bei Tag und bei Nacht. Einige, wie z.B. die Benediktinerinnen von der Ewigen Anbetung des Allerheiligsten Altarsakramentes in Österreich (1654) legen ein feierliches Gelübde für die Ewige Anbetung ab.
Apostolische Gemeinschaften
wurden gegründet um einerseits die Anbetung selbst zu pflegen und andererseits die Ewige Anbetung der Eucharistie unter den Gläubigen zu fördern. So begann die Kongregation vom Heiligsten Herzen Jesu und Mariens und von der Ewigen Anbetung des Allerheiligsten Altarsakramentes. Formell anerkannt im Jahre 1817 ist es das Ziel dieser Gemeinschaft, die vier Stadien dies Lebens Christi zu ehren und nachzuahmen durch die Übung der Anbetung der Eucharistie.
Gesellschaft der Nächtlichen Anbetung der Männer
wurde begonnen in einer internationalen Dimension 1810 in Rom mit der Gründung der Frommen Union der Anbeter des Allerheiligsten Altarsakramentes. Sie verbreiteten sich in ganz Europa und nach Nord- und Südamerika. Ihr Schwerpunkt war (und ist) die Ewige Anbetung im engen Sinn.
Vereinigungen der Ewigen Anbetung
der Gläubigen gehen zurück auf das siebzehnte Jahrhundert. Eine der frühesten wurde begonnen von Baron de Renty im Jahre 1641 in der Pfarrei St. Paul in Paris. Es war eine Vereinigung der Ewigen Anbetung für Frauen. In Boulogne in Frankreich (1753) wurden die Pfarreien in zwölf Gruppen eingeteilt nach den zwölf Monaten des Jahres. Jede Gruppe bestand aus so vielen Pfarreien als Tage sind im Monat. Für jede Kirche in jeder Gruppe wurde ein Tag für die Ewige Anbetung bestimmt.
Unter den Aposteln der Ewigen Anbetung für die Laien hatte niemand dauerhafteren Einfluss in der modernen Welt als der Heilige Peter Julian Eymard. Im Jahre 1856 gründete er die Väter von Allerheiligsten Altarsakrament in Paris und zwei Jahre später zusammen mit Marguerite Guillot, errichtete er die Gemeinschaft der Dienerinnen des Allerheiligsten Altarsakramentes, eine klausurierte, kontemplative Kongregation von Frauen. Peter Eymards veröffentlichte Konferenzen über die Realpräsenz haben zahlreichen Laienvereinigungen begeistert. Sie nahmen seine Worte ernst, wenn er sagte:
In der Gegenwart Jesu Christi im Allerheiligsten Altarsakrament verschwindet alle Größe, alle Heiligkeit erniedrigt sich selbst und wird gleichsam zu nichts. Jesus Christus ist da!
Besuchungen des Allerheiligsten Altarsakramentes
Nicht unähnlich zur Ewigen Anbetung ist die Geschichte der Besuchungen des Allerheiligsten Altarsakramentes bestens bekannt aus der monastischen Spiritualität des frühen Mittelalters. Im dreizehnten Jahrhundert bestimmte Ancren Riwle, die Regel für Einsiedlerinnen, für die Nonnen, den Tag mit einer Besuchung des Allerheiligsten Altarsakramentes zu beginnen.
Auch Priester, die leichten Zugang zur aufbewahrten heiligen Eucharistie hatten, wollten regelmäßig unseren Herrn im Allerheiligsten Altarsakrament besuchen. Dies tat z.B. der heilige Märtyrer Thomas Becket (1118-1170). Er schreibt in einem Brief an einen Freund:
Wenn du nicht auf mich hörst, der ich gewohnt war für dich zu beten in einem Überfluss von Tränen und mit nicht geringem Klagen vor der Majestät des Leibes Christi (Materialien, V, 276)…
Im vierzehnten Jahrhundert lesen wir, wie der englische Mystiker Richard Rolle Christen streng ermahnt, so oft als möglich die nächstgelegene Kirche zu besuchen. Warum? Weil
es in der Kirche am besten zu beten ist, denn da ist Gott auf dem Altar um jene zu erhören, die zu ihm beten und ihnen zu gewähren, worum sie bitten und was gut ist für sie (Werke, I, 145).
Kirchengeschichtler erzählen uns, dass zum Ende dieses Jahrhunderts es weithin üblich geworden ist für die Leute, das Allerheiligste Altarsakrament zu besuchen.
Eine der nüchternen Fakten der Reformation ist es zu wissen, was geschah, als die englischen Reformatoren sich von Rom abspalteten. Zunächst wurde dem Klerus noch nicht verboten, etwas von den beiden Gestalten nach der Zeremonie des Abendmahls aufzubewahren – um es den Kranken und Sterbenden reichen zu können. Aber nach kurzer Zeit wurde die Aufbewahrung der eucharistischen Gaben selten. Das war nach den Neununddreißig Artikeln (1571) zu erwarten, in denen erklärt wurde, dass die Wesensverwandlung unwahr sei und dass die Eucharistie nicht angebetet oder in Prozessionen herumgetragen werden soll.
Dreihundert Jahre später führten die Anglikaner, welche die Oxford Bewegung gründeten, die ständige Aufbewahrung der Eucharistie wieder ein und ermutigen die Besuchungen des Allerheiligsten Altarsakramentes. Zeugnis für diese Rückkehr zur katholischen eucharistischen Frömmigkeit gibt die anglikanische Schwesternschaft der Hl. Margareta, die im Jahre 1854 gegründet wurde. Die Aufzeichnungen der Gemeinschaft zeigen, dass die Schwestern bald nach ihrer Gründung tägliche Besuchungen bei der Eucharistie in ihrem Oratorium machten und ungefähr zur selben Zeit den eucharistischen Segen einführten.
In der Katholischen Kirche wurden die Besuchungen beim Allerheiligsten Altarsakrament zu einem üblichen Teil des persönlichen und gemeinschaftlichen Gebetes. Der erste Kodex des kanonischen Rechtes drängte die “Gläubigen, das Allerheiligste Altarsakrament so oft als möglich zu besuchen” (can. 1273). Der neue Kodex ist noch genauer.
Wenn kein schwerwiegender Grund dem entgegensteht, ist eine Kirche, in der die heiligste Eucharistie aufbewahrt wird, täglich wenigstens einige Stunden für die Gläubigen offenzuhalten, damit sie vor dem heiligsten Sakrament dem Gebet obliegen können (can. 937).
Ordensmitgliedern wird schlicht empfohlen, dass sie jeden Tag “den im Sakrament gegenwärtigen Herrn anbeten” sollen (can. 663 §2)
Eucharistischer Segen
Genauso wie andere eucharistische Frömmigkeitsformen begann auch der eucharistische Segen, wie er gemeinhin genannt wird, im dreizehnten Jahrhundert. Dies war sehr beeinflusst durch die Einführung des Fronleichnamsfestes. Zwei Hymnen besonders, O Salutaris Hostia und Tantum Ergo, verfasst vom heiligen Thomas von Aquin, wurden Teil des Segens.
Ein nicht allgemein bekannter Aspekt der Geschichte des eucharistischen Segens ist seine frühe Verknüpfung mit der Verehrung der allerseligsten Jungfrau Maria. Dies wurde schon im Pange Lingua Hymnus ausgedrückt bei der ersten Vesper der Fronleichnamsliturgie, wo es heißt: “Uns wurde er gegeben, uns wurde er geboren aus der reinen Jungfrau.” Ohne Maria gäbe es keine Inkarnation, und ohne Inkarnation gäbe es keine Eucharistie.
Wie von Historikern aufgezeigt wird gab es im frühen dreizehnten Jahrhundert organisierte Bruderschaften und Gilden in großer Zahl, deren Brauch es war allabendlich vor der Statue Unserer Lieben Frau Hymnen zu singen. Diese wurden Laudes (Lobpreisungen) genannt und waren oft in der Landessprache oder sogar im örtlichen Dialekt der Leute verfasst. In den Händen von Leuten wie dem Franziskaner Giacopone da Todi (1230-1306) halfen diese Hymnen eine eigene italienische Literatur zu entwickeln. Die Bruderschaften wurden Laudesi genannt.
Durch dem Auftrieb, der durch das Fronleichnamsfest gegeben wurde, wurden diese marianischen Gesangstreffen oft begleitet von einer Aussetzung des Allerheiligsten Altarsakramentes. Was als Brauch begann, der Marienverehrung eine größere Feierlichkeit zu geben, wurde schließlich zu einer besonderen Form der eucharistischen Frömmigkeit.
In Frankreich wurden diese marianischen Gesangstreffen Salut genannt, in den Niederlanden Lof, in Deutschland und England einfach Salve. Sie wurden schrittweise kombiniert mit der Aussetzung der Eucharistie, besonders wenn das Allerheiligste Altarsakrament in einer Prozession getragen wurde und/oder die Kranken mit der heiligen Eucharistie gesegnet wurden. Wenn jemand seinen letzten Willen festlegte, hinterließen viele Vermächtnisse für die ständige Unterstützung dieser abendlichen Gesangsfeste zu Ehren Unsere Liebe Frau und baten noch genauer darum, dass das Allerheiligste Altarsakrament ausgesetzt bleiben soll während der ganzen Zeit des Salut. Der generationenalte Brauch der Krankensegnung mit der heiligen Eucharistie in Lourdes ist also lediglich eine Ausdehnung dieser Verbindung von eucharistischem Segen mit der Verehrung der allerseligsten Jungfrau Maria.
Eucharistische Kongresse
Als öffentliche Demonstrationen des Glaubens an die Realpräsenz gehen örtliche eucharistische Kongresse zurück auf das Mittelalter. Aber der erste internationale Kongress wuchs aus dem Eifer von Marie-Marthe Tamisier (1834-1910), einer französischen Frau, die von Kindheit an eine außergewöhnliche Liebe zum Allerheiligsten Altarsakramentes hatte. Sie nannte einen Tag ohne Kommunion ihren Karfreitag. Nachdem sie mehrmals erfolglos versucht hatte einem Orden beizutreten, verbrachte sie die meiste Zeit ihres Lebens mit der Verbreitung der Verehrung der wirklichen Gegenwart Jesu im Allerheiligsten Altarsakrament. Begeistert von den Konferenzen von Peter Julian Eymard und geleitet von Abt Chevier von Lyon, förderte sie zunächst Wallfahrten zu Heiligtümern, wo eucharistische Wunder sich ereignet hatten. Schließlich wurde der erste eucharistische Kongress im Jahre 1881 in Lille gehalten. Beim fünften Kongreß in Toulouse im Jahre 1886 nahmen bereits über fünfzehnhundert Bischöfe und Priester teil, dazu noch dreißigtausend gläubige Laien.
Inzwischen wurden internationale Kongresse auf allen Erdteilen veranstaltet, einschließlich Afrika, Asien und Australien. Papst Paul VI besuchte den achtunddreißigsten und neununddreißigsten eucharistischen Kongress in Bombay 1964 und Bogota 1968. Papst Johannes Paul II. wollte den hundertjährigen Jubiläumskongress in Lourdes 1981 besuchen, wurde aber durch den Mordanschlag auf ihn am 13. Mai 1981 davon abgehalten.
Nationale Kongresse sind inzwischen weit verbreitet. Während eines solchen in Bogota 1980 fasste Papst Johannes Paul II. die Aufgabe zusammen, welcher ein eucharistischer Kongress in der Vorsehung Gottes dienen sollte:
Der eucharistische Kongress ist zum ersten und vor allem ein großer gemeinsamer Glaubensakt an die Gegenwart und an das Handeln Jesu in der Eucharistie, der sakramental bei uns bleibt, um mit uns auf unseren Wegen zu reisen, so dass wir mit seiner Kraft unserer Probleme, unserer Lasten und Leiden gewachsen sind.
Von daher wollen wir uns vereinigen um die geweihte Hostie, den göttlichen Pilger unter den Pilgern, sehnsüchtig, um von ihm die Begeisterung und Kraft zu holen, um die Nöte und Wünsche unserer ausgewanderten Brüder zu unseren zu machen.
Der eucharistische Kongress soll im einzelnen demonstrieren und das Faktum beleuchten, dass das Volk Gottes hier auf Erden aus der Eucharistie lebt, dass es von ihr ihre Stärke für die täglichen Mühen und für die Kämpfe in allen Bereichen der Existenz erhält (30. Juni und 9. Juli 1980).
Mehr als ein Jahrhundert der Erfahrung hat dieses Urteil des Papstes bestätigt.