Dass die internationalen eucharistischen Kongresse eingeführt wurden, war keine Folge der Erfahrungen der Gläubigen. Wie schon oben erwähnt, war es eine Frau, Marie-Marthe Tamisier, deren persönliches Wissen um die geistliche Kraft, die von der Realpräsenz kommt, die Vorsehung benützte, um den ersten internationalen eucharistischen Kongress in Lille in Frankreich zustande zu bringen.
Im päpstlichen Brief, den Leo XIII. an die Kongressbesucher richtete, sprach er von einer “großen Freude”, die er hat, die Bischöfe zu loben, welche die Versammlung organisierten. Er bestätigte die Absicht des Kongresses, namentlich “die Beleidigungen zu sühnen, die dem Allerheiligsten Altarsakrament zugefügt wurden und seine Verehrung zu fördern.” Er lobte die Gläubigen für “die große Ausdehnung des Werkes der Nachtanbetung” und für den Bericht darüber, wie diese heilvolle Einrichtung Wurzel geschlagen hat, sich überall ausbreitet und Frucht bringt.”
Die Hauptbedeutung nach Papst Leo liegt darin, dass eucharistische Anbetung übernatürliche Früchte bringt, wo immer diese Übung genährt wird vom Glauben der Menschen.
Die Verehrung der Realpräsenz des Hl. Pius X. war nach seinen Biographen im Herzen seiner historischen Förderung der frühen und häufigen Heiligen Kommunion. Am Tage seiner Heiligsprechung bezeichnete Papst Pius XII. die Quelle des apostolischen Antriebes seines Vorgängers:
In der tiefen Vision, die Papst Pius X. hatte von der Kirche als einer Gesellschaft, erkannte er, dass es das Allerheiligste Altarsakrament ist, das die Kraft hat, ihr inneres Leben wesentlich zu nähren und sie hoch über alle anderen menschlichen Gesellschaften zu erheben (Quest‘ ora difulgente, 29. Mai 1954).
Die Veröffentlichung seines Dekretes über die häufige, ja tägliche Kommunion (20. Dezember 1905) vorwegnehmend, bat Pius X., den internationalen Eucharistischen Kongress dieses Jahres in Rom abzuhalten. Es war der sechzehnte in Folge und der erste in der ewigen Stadt. Der Papst eröffnete den Kongress mit einer Messe, die er selbst zelebrierte. Auch nahm er bei der anschließenden Prozession mit dem Allerheiligsten Altarsakrament teil.
Papst Benedikt XV. und Pius XI. führten die päpstliche Tradition weiter, zur Anbetung der Heiligen Eucharistie zu ermutigen, ebenso wie zu Sühnegebeten und Bitten vor unserem Herrn im Allerheiligsten Altarsakrament.
Es war Benedikt XV., der im Jahre 1917 den ersten Kodex des kanonischen Rechts herausgab, der die Aufbewahrung des Allerheiligsten Altarsakrament in “jeder Pfarr- oder Quasi-Pfarrkirche und in den Kirchen, die verbunden sind mit den Wohnungen von exempten Männer- und Frauenorden” rechtlich regelte (can. 1265 §1). Es war derselbe Kodex, der zur privaten und öffentlichen Aussetzung der heiligen Eucharistie ermutigte.
Papst Pius XI. setzte die Verehrung Christi im Allerheiligsten Altarsakrament mit der Sühne für die Sünden in Beziehung . Die Hl. Margareta Maria Alacoque wurde im Jahre 1920 heilig gesprochen, genau zwei Jahre vor Achille Ratti zu Papst gewählt worden war. Im Jahre 1928 schrieb er eine längere Enzyklika über die Wiedergutmachung gegenüber dem Heiligsten Herzen Jesu. Das ganze Thema dieser Enzyklika ist die riesige Notwendigkeit, um Gottes Barmherzigkeit zu flehen, besonders durch die Heilige Eucharistie. Während ihrer Gebete vor dem Allerheiligsten Altarsakrament offenbarte Christus der hl. Margareta Maria “die Unendlichkeit seiner Liebe, und zugleich, in der Art eines Trauernden.” Der Herr sagt:
Siehe dieses Herz, das die Menschen so sehr geliebt hat und sie mit allen Gütern beschenkt hat, und für diese grenzenlose Liebe, die keine andere Erwiderung erfährt als Ablehnung und Unverschämtheit, und dies sogar oftmals von denen, die sich zu einer besonderen Liebe verpflichtet haben.
Unter den Wegen, dem Herzen Jesu gegenüber Wiedergutmachung zu leisten, drängte der Papst die Gläubigen zu “Sühnebitten und -gebeten über eine ganze Stunde, was richtig Heilige Stunde genannt wird” (Miserentissimus Redemptor, 8. Mai 1928). Es wurde als selbstverständlich verstanden, dass die heilige Stunde auch gemäß der ursprünglichen Botschaft der Hl. Margareta Maria vor der Heiligen Eucharistie zu halten ist.
Papst Pius XII.
Mit dem Nachfolger Pius XI beginnt ein neues Stadium in der Lehre der Kirche über die Wirkungen des Gebetes, das an Christus gerichtet ist, der wirklich gegenwärtig ist im Altarsakrament.
Ein Jahr vor seiner Wahl auf den Stuhl des Heiligen Petrus wurde Kardinal Pacelli als päpstlicher Legat zum internationalen eucharistischen Kongress nach Budapest in Ungarn gesandt. Es war das Jahr 1938, ein Jahr vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Das Thema von Pacellis Ansprache auf dem Kongress war, dass Christus diese Erde bei seiner Himmelfahrt in sichtbarer Form wirklich verlassen hat. Aber er ist nachdrücklich immer noch auf der Erde, der Jesus der Geschichte, im Sakrament seiner Liebe.
Pius XII veröffentlichte einundvierzig Enzykliken während seines fast zwanzigjährigen Pontifikates. Eine der Merkmale dieser Dokumente ist ihre Reflexion über die Lehrentwicklung, die sich in der katholischen Kirche in der Neuzeit ereignet hat. Hier die Entwicklungen:
- Im Verständnis der Kirche über ihr eigenes Wesen als mystischer Leib Christi (Mystici Corporis Christi, 1943);
- In ihrem Verständnis der Bibel (Divino Afflante Spiritu, 1943);
- In ihrem Verständnis der allerseligsten Jungfrau (Deiparae Virginis Mariae, 1946), in der die Definition der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel vorweggenommen wird.
Die Enzyklika Mediator Dei (1947) handelte von der heiligen Liturgie. Wie spätere Ereignisse zeigten, wurde es zu einer lehrmäßigen Vorlage für die Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Neun volle Abschnitte von Mediator Dei handeln von der “Anbetung der Eucharistie.” Diese enthalten die mit der höchsten Autorität ausgestattete Erklärung dessen, was der Papst als “Verehrung der Eucharistie,” beschreibt, die “schrittweise sich als etwas selbständiges entwickelt hat vom Opfer der Messe.”
Es scheint das Beste zu sein kurz aus diesen Abschnitten zu zitieren und einige kommentierende Anmerkungen anzufügen.
1. Die Anbetung der Eucharistie.
Die Grundlage für alle eucharistische Verehrung ist das Faktum, dass Christus im Allerheiligsten Altarsakrament der Sohn Gottes ist in menschlicher Gestalt.
Die eucharistische Speise enthält, wie alle sich bewusst sind, “wahrhaftig, wirklich und wesentlich den Leib und das Blut gemeinsam mit der Seele und der Gottheit unseres Herrn Jesus Christus.” Es ist kein Wunder daher, dass die Kirche schon von Anfang an den Leib Christi unter der Erscheinungsweise des Brotes angebetet hat; das wird offensichtlich durch die besonderen Riten des erhabenen Opfers, die beschreiben, dass die geweihten Diener das Allerheiligste Altarsakrament anbeten sollen durch Kniebeugen oder tiefe Verneigungen.
Die Heiligen Konzilien lehren, dass es Glaube der Kirche ist von allem Anfang an, “mit der selben Anbetung ebenso das fleischgewordene Wort wie auch sein eigenes Fleisch” anzubeten, und der Hl. Augustinus erklärt:
“Niemand isst das Fleisch, ohne es zuerst anzubeten,” wobei er hinzufügt, dass “wir nicht nur keine Sünde begehen, wenn wir es anbeten, sondern dass wir sündigen, wenn wir es nicht anbeten” (Mediator Dei, §§129-130).
Alles andere hängt an diesem Grundartikel des Glaubens: dass die Eucharistie den lebendigen Christus enthält, in der ganzen Fülle seiner menschlichen Natur und er deshalb wirklich gegenwärtig ist unter den geweihten Gestalten; und ebenso in der Fülle seiner göttlichen Natur und deshalb angebetet werden muss als Gott.
2. Der Fortschritt in der Lehre
In jedem Aspekt des Geheimnisses der Hl. Eucharistie hat es ein tieferes Verständnis durch die Kirche gegeben. Aber Aspekt der besonderen Beachtung verdient, ist das wachsende Verständnis nicht nur von Christi aufopfernder Hingabe in der Messe, sondern auch von seiner gnadenvollen Gegenwart außerhalb der Messe.
Entstanden aus diesen Lehrgrundsätzen, hat sich der eucharistische Anbetungskult, der von der heiligen Opferfeier zu unterscheiden ist, nach und nach entwickelt. Die Aufbewahrung der heiligen Gestalten für die Kranken und alle jene, die in Todesgefahr geraten können, führte zum löblichen Brauche, dieses himmlische, in den Kirchen aufbewahrte Brot anzubeten. Dieser Kult der Anbetung beruht auf einem starken und festen Grunde. Die Eucharistie ist ja sowohl Opfer wie auch Sakrament und unterscheidet sich von den anderen Sakramenten dadurch, daß sie nicht bloß die Gnade mitteilt, sondern den Urheber der Gnade selbst in fortdauernder Weise enthält. Wenn uns also die Kirche gebietet, den unter den Schleiern der Eucharistie verborgenen Christus anzubeten und von ihm jene himmlischen und irdischen Gaben zu erbitten, deren wir unaufhörlich bedürfen, so bringt sie damit den lebendigen Glauben zum Ausdruck, kraft dessen sie ihren göttlichen Bräutigam unter diesen Schleiern gegenwärtig weiß, ihm ihre Dankbarkeit bezeugt und sich der innigsten Vertrautheit mit ihm erfreut. (131)
Der Schlüssel um einzusehen, warum es einen eucharistischen Kult geben soll neben der messe ist, dass die Eucharistie Jesus Christus ist. Nicht weniger wie seine Zeitgenossen in Palästina ihn angebetet und angerufen haben für die Gunsterweise, die sie brauchten, so sollen auch wir ihn preisen und ihm danken und erflehen, was wir brauchen.
3. Die Entwicklung der Verehrung
Als Konsequenz dieses wertvollen Fortschrittes in der Lehre hat die Kirche eine Vielzahl von eucharistischen Verehrungsformen entwickelt.
Im Laufe der Zeit hat die Kirche verschiedene, gewiß immer schönere und heilbringendere Formen eingeführt, so z. B. fromme und tägliche Besuchungen beim heiligen Tabernakel, den rituellen Segen mit dem heiligsten Sakrament, feierliche Prozessionen durch Städte und Dörfer, besonders anläßlich der eucharistischen Kongresse , und die Anbetung vor dem öffentlich ausgesetzten Allerheiligsten. Diese öffentliche Anbetung erstreckt sich zuweilen auf kurze Zeit, manchmal ist sie auf Stunden und auch auf vierzig Stunden ausgedehnt; mancherorts wird sie abwechselnd in den einzelnen Kirchen das ganze Jahr hindurch fortgesetzt, anderswo bei Tag und auch bei Nacht (132)
Unterstichen werden soll, dass dieses nicht nur vorübergehende Verehrungspraktiken sind. Sie sind gegründet auf die göttlich geoffenbarte Wahrheit. Und, wie der Papst sich bemüht zu betonen, “brachten diese Frömmigkeitsübungen ein wunderbares Wachstum im Glauben und im übernatürliche Leben der kämpfenden Kirche auf der Erde.
Sind diese Frömmigkeitsübungen liturgisch? “Sie entstammen dem Geiste der heiligen Liturgie,” antwortet Pius XII.,
und tragen zweifellos sehr viel bei zum liturgischen Leben, sofern sie mit gebührender Würde und in jener Gesinnung des Glaubens und der Frömmigkeit gehalten werden, wie sie die heiligen Riten und Vorschriften der Kirche fordern.
Vermischt dies aber nicht den “historischen Christus” mit dem eucharistischen Christus? Überhaupt nicht, sagt der Papst.
Man muß im Gegenteil betonen, daß auf diese Weise die Christen den Glauben der Kirche bezeugen und feierlich bekennen, wonach das göttliche Wort und der Sohn der Jungfrau Maria, der am Kreuz gelitten hat, der in der Eucharistie verborgen gegenwärtig ist und der im Himmel droben herrscht, ein und derselbe Christus ist. So sagt der heilige Johannes Chrysostomus: “Wenn du dies (den Leib Christi) dir vorgestellt siehst, so sag zu dir selbst: Diesem Leibe verdanke ich es, daß ich nicht mehr Erde und Asche bin, nicht mehr gefangen, sondern frei; um dessentwillen hoffe ich, den Himmel und die dort mir hinterlegten Güter zu erlangen, nämlich das unsterbliche Leben, das Lob der Engel, den Umgang mit Christus” (134)
Unter anderen Formen der eucharistischen Verehrung die von Papst Pius XII. empfohlen werden, macht er besonders auf den Segen mit dem Allerheiligsten aufmerksam. Er spricht vom
Es ist ein herrlicher und segensreicher Brauch, daß der Priester, während die Menge der Christen sich tief verneigt, das Brot der Engel zum Himmel hebt, nach der Vorschrift ein Kreuz zeichnet und dabei den himmlischen Vater anfleht, er möge gnädig niederschauen auf seinen aus Liebe zu uns gekreuzigten Sohn und um seinetwillen und durch ihn, der unser Erlöser und Bruder werden wollte, seine himmlischen Gaben auf jene herabströmen lassen, die das makellose Blut des Lammes erlöst hat (135).
Papst Johannes XXIII.
Johannes XXIII. Veröffentlichte kein größeres Dokument über die eucharistische Liturgie wie sein Vorgänger. Aber er nutzte jede Gelegenheit, die Gläubigen und besonders die Priester zu drängen, vor dem Allerheiligsten Altarsakrament zu beten.
Nichts kann im Leben eines Priesters das stille und ausdauernde Gebet vor dem Altar ersetzen. Die Anbetung Jesu, unseres Gottes; Danksagung, Wiedergutmachung für unsere Sünden und für die Sünden aller Menschen, das Gebet für so viele Anliegen, die ihm anvertraut wurden, verbinden sich, um diesen Priester in größere Liebe zum göttlichen Meister zu erheben, dem er Treue versprochen hat, und zu den Menschen, die von seinem priesterlichen Dienst abhängen.
Mit der Übung dieser einleuchtenden und inbrünstigen Verehrung der Eucharistie wächst das geistliche Leben des Priesters und wird er mit der missionarischen Kraft der größten Apostel ausgestattet.
Immer wenn er Priester ermahnte, vor dem Altar zu beten, erinnerte der Papst sie daran, dass “das eucharistische Gebet im vollen Sinn das heilige Opfer in der Messe ist” (Enzyklika Sacerdotii Nostri Primordia, 11. August 1959). Ohne Messe gibt es keine Realpräsenz. Wir könnten sagen, dass die bleibende Gegenwart Christi in der heiligen Eucharistie eine Verlängerung des eucharistischen Opfers ist.
Am Vorabend des Zweiten Vatikanischen Konzils nahm Papst Johannes an der Fronleichnamsprozession mit dem Allerheiligsten Altarsakrament in Rom teil. Bei dieser Gelegenheit verfasste er ein ehrliches Gebet um den Segen Christi für das kommende Konzil.
O Jesus, schau auf uns von deinem Sakrament aus wie der gute Hirte, wie der doctor angelicus dich angerufen hat, und mit ihm die heilige Kirche. O Jesus, du guter Hirt, dies ist deine Herde, die Herde, die du gesammelt hast von den Enden der Erde, die Herde, die dein Wort des Lebens hört und zu bewahren, zu leben und zu verkünden versucht. Dies ist die Herde, die dir in Schwachheit folgt, o Jesus, und beim Ökumenischen Konzil so brennend den Wiederstrahl deines liebenden Angesichts in der Gestalt deiner Kirche zu sehen wünscht, der Mutter von allen, der Mutter, die ihre Arme und ihr Herz für alle öffnet und hier zitternd und vertrauensvoll die Ankunft aller ihrer Bischöfe erwartet (21. Juni 1962).
Worte können nicht klarer sein. Sie können auch nicht mit mehr Autorität gesprochen werden. Der Stellvertreter Christi hat gelehrt, z. B. wie wirkungsvoll das Gebet zu unserem Herrn in der Eucharistie sein kann nicht nur für uns selbst, sondern für die ganze Kirche Gottes.
Papst Paul VI.
Obwohl Papst Johannes XXIII das Zweite Vatikanische Konzil eröffnet hat und die erste Session des Konzils im Jahre 1962 ganz erlebt hat, promulgierte er keines seiner sechzehn Dokumente. Das geschah durch seinen Nachfolger, Papst Paul VI.
Das erste Konzilsdokument, das Paul VI herausgab, war die Konstitution über die Heilige Liturgie (4. Dezember 1963). Weniger als zwei Jahre später, kurz vor der letzten Session des Konzils, veröffentlichte er die Enzyklika Mysterium Fidei (3. September 1965). Es ist ein bemerkenswertes Dokument in verschiedenerlei Hinsicht.
- Es wurde herausgegeben während des Zweiten Vatikanischen Konzils.
- Es beginnt mit großer Hochachtung gegenüber der Konzilskonstitution über die Liturgie.
- Es lobt jene, die “versuchen, die Lehre von der Heiligen Eucharistie tiefer zu erforschen und fruchtbarer zu verstehen.”
- Dann aber fährt es fort “Gründe pastoraler Sorge und Beunruhigung” zu benennen. Dabei verweist Paul VI. auf Meinungen, die verbreitet werden, welche “Lehraussagen” neu interpretieren, “welche die Kirche schon fest definiert hat,” und insbesondere “das Dogma der Wesensverwandlung.” (I)
Der Großteil der Enzyklika ist daher eine lehrmäßige Analyse der Realpräsenz. In jeder Hinsicht ist dies die ausführlichste und durchdringenste Erklärung in der Papstgeschichte zu zwei Artikeln des katholischen Glaubens: Die leibliche Gegenwart Jesu Christi im Allerheiligsten Altarsakrament und seine Gnadenvermittlung durch die eucharistische Gegenwart jetzt auf der Erde.
1. Die Realpräsenz
Damit wir die sakramentale Gegenwart Christi in der Eucharistie verstehen, welches “das größte aller Wunder in ihrer Art bewirkt, müssen wir mit aufnahmebereitem Geist die Stimme der lehrenden und betenden Kirche hören.” Was sagt uns die Lehre und Frömmigkeit der Kirche?
Nun sagt uns diese Stimme, Echo der Stimme Christi, daß Christus in diesem Sakrament nicht anders gegenwärtig wird als durch die Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in seinen Leib und der ganzen Substanz des Weines in sein Blut, eine ganz wunderbare und einzigartige Verwandlung, die die katholische Kirche passend und im eigentlichen Sinn Wesensverwandlung nennt. Nach der Wesensverwandlung bekommen die Gestalten des Brotes und Weines ohne Zweifel eine neue Bedeutung und einen neuen Zweck, da sie nicht fürderhin gewöhnliches Brot und gewöhnlicher Trank sind, sondern Zeichen einer heiligen Sache und Zeichen geistlicher Speise, aber sie bekommen eine neue Bedeutung und einen neuen Zweck, weil sie eine neue “Wirklichkeit” oder Realität enthalten, die wir mit Recht ontologisch nennen, denn unter den vorhin genannten Gestalten ist nicht mehr das verborgen, was vorher war, sondern etwas ganz Neues; und zwar nicht nur auf Grund des Urteils des Glaubens der Kirche, sondern durch die objektive Realität, da nach der Verwandlung der Substanz oder des Wesens des Brotes und Weines in den Leib und das Blut Christi von Brot und Wein nichts bleibt als die Gestalten, unter denen der ganze und vollständige Christus in seiner physischen, ja auch körperlichen “Realität” gegenwärtig ist. (V).
Natürlich übersteigt diese Gegenwart unser Verstehen. Natürlich unterscheidet sie sich von der Art, in der Körper natürlicherweise gegenwärtig sind und daher mit den Sinnen erkannt werden können. Subjektiv können wir den Leib Christi in der Eucharistie nicht sehen oder berühren. Aber objektiv (in Wirklichkeit) und ontologisch (seinem Wesen nach) ist er da.
2. Gnadenvermittlung
Wenn die Realpräsenz einmal eindeutig erkannt ist, ist es nur logisch daraus zu schließen, dass wir den Erlöser im Allerheiligsten Altarsakrament auch anbeten sollen. Es ist gleichermaßen logisch von ihm zu erwarten, dass er durch seine Gegenwart viel Segen auf unsere sündige Welt herabsenden wird. Drei Stellen in Mysterium Fidei machen diese Schlussfolgerung völlig klar.
In der ersten Aussage erinnert Papst Paul an die Lehre des Hl. Kyrill von Alexandrien (gestorben 444), der sehr engagiert war bei der Verteidigung der physischen Einheit der Menschheit Christi in der Inkarnation ebenso wie in der Eucharistie. Der Grund dafür ist, dass die Eucharistie eben der Mensch gewordene Sohn Gottes ist, welcher der Sohn Mariens wurde und bleibt.
Der heilige Cyrill von Alexandrien weist die Auffassung jener, die meinten, die heilige Eucharistie werde für die Heiligung wertlos, wenn das, was von ihr übrigbleibe, für den nächsten Tag aufbewahrt werde, als Unsinn zurück. “Denn”, so sagt er, “es ändert sich weder Christus, noch geht mit seinem Leibe eine Änderung vor sich; sondern es bleiben die Kraft, die Macht und die lebenspendende Gnade der Segnung in ihm dauernd fortbestehen” (VI).
Wenn einmal die Elemente von Brot und Wein konsekriert worden sind und die Wesensverwandlung sich damit ereignet hat, bleibt der lebendige Christus so lange gegenwärtig, wie die Gestalt andauert. Dann aber, weil Christus gegenwärtig ist, bleibt auch seine Menschheit eine Quelle der Leben spendenden Gnade.
In seiner zweiten Aussage über die Eucharistie als einem Kanal der Gnade, unterscheidet Papst Paul sorgfältig zwischen der Eucharistie als Opfer und Kommunion und der Eucharistie als Gegenwart.
Denn nicht nur zur Zeit, da das Opfer dargebracht und das Sakrament vollzogen wird, sondern auch nach der Darbringung des Opfers und nach Vollzug des Sakramentes, wenn die heilige Eucharistie in den Kirchen oder in Oratorien aufbewahrt wird, ist Christus der wahre Emanuel, d. h. der “Gott mit uns”. Tag und Nacht weilt er in unserer Mitte und wohnt in uns voll der Gnade und Wahrheit (vgl. Joh. 1, 14). Er formt unser sittliches Verhalten, er entfaltet die Tugend, tröstet die Trauernden und stärkt die Schwachen (VI).
Diese Verben: formen, entfalten, trösten und stärken sind alle Formen der göttlichen Gnade, die Christus vermittelt durch seine Gegenwart in der Eucharistie.
In seiner dritten Aussage über die Wirksamkeit der Realpräsenz fügt Paul VI. die Krönung zu seiner Lehre an. Kein Zweifel, der lebendige Erlöser ist im Allerheiligsten Altarsakrament da “voll der Gnade und Wahrheit.” Aber es muss auch auf unserer Seite ein antwortender Glaube vorhanden sein.
Jeder, der eine besondere Andacht zur heiligen Eucharistie hat und sich bemüht, die unendliche Liebe Christi zu uns vorbehaltlos und großmütig zu erwidern, erfährt daher und erfaßt zutiefst mit großer innerer Freude und Frucht, welchen hohen Wert ein Leben hat, das mit Christus in Gott verborgen ist (vgl. Kol 3, 3), und was es bedeutet, mit Christus eine Zwiesprache zu pflegen, die hier auf Erden das Beglückendste und das Wirksamste auf dem Wege zur Heiligkeit ist.
Das entscheidende Wort in diesem letzten Satz ist “das Wirksamste.” Nähern wir und der Realpräsenz ausgerüstet mit gläubiger Liebe, wird Christus Wunder seiner Liebe in unserem Leben wirken.
Papst Johannes Paul II.
Aufbauend auf der Lehre seiner Vorgänger, wurde Johannes Paul II. bekannt als der Papst der Realpräsenz. In einem Dokument und Schreiben nach dem andern hat er wiederholt, was der Wiederholung bedarf zum Zwecke der Betonung:
Die Eucharistie, in der Messe und außerhalb der Messe, ist der Leib und das Blut Jesu Christi und verdient daher die selbe Verehrung, die dem lebendigem Gott gebührt, und zwar ihm allein (Eröffnungsansprache in Irland, Phönix Park, 29. September 1979).
Der Papst aber hat noch mehr getan als nur zu wiederholen, was schon zuvor gesagt worden war. Er legte den Eckstein des Lehramtes auf die eucharistische Lehre, die wir vorher untersucht haben, wenn er z.B. in unzweideutiger Sprache erklärt, dass es nur ein Sakrament der Eucharistie gibt. Und gerade dieses eine Sakrament vermittelt Gnaden in unterschiedlichster Weise. Jede Art der Gnadenvermittlung ist verbunden mit den drei Formen, in denen die Eucharistie durch Christus eingesetzt worden ist.
Es ist zu ein und der selben Zeit ein Opfer-Sakrament, ein Kommunion-Sakrament und ein Gegenwart -Sakrament (Enzyklika Redemptor Hominis, 4. März 1979, 20)
Die geoffenbarte Grundlage für diese Schlussfolgerung ist die Tatsache der bleibenden Gegenwart Christi in der Eucharistie. Es ist der “Erlöser der Menschen”, der mit seinem Leiden und Sterben am Kreuz die Gnade unserer Erlösung verdient. Aber es geschieht hauptsächlich durch die Eucharistie, dass der selbe Jesus Christus jetzt diese Gnade über eine sündige Menschheit ausgießt.
Es ist in diesem umfassenden Sinn, in dem wir sagen können, “die Kirche lebt durch die Eucharistie, durch die Fülle dieses Sakramentes.” Diese Fülle erstreckt sich auf alle drei Ebenen seiner sakramentalen Existenz, wobei die Kirche mit dem Begriff “Sakrament” ein sichtbares Zeichen meint, das eingesetzt durch Christus der Seele unsichtbare Gnade und innere Heiligkeit vermittelt.
Die Messe ist das Opfer-Sakrament der Eucharistie. Wie das Konzil von Trient erklärt hat, ist das Messopfer nicht nur ein Lob- und Dankopfer. Es ist ebenso eine Quelle der Gnade:
Durch dieses Opfer ist der Herr besänftigt. Er gewährt Gnade und die Gabe der Reue und er vergibt Fehler und Sünden. Die Segnungen der Erlösung, die Christus für uns erworben hat durch seinen blutigen Tod auf Golgota, werden jetzt durch dieses unblutige Opfer in Überfülle empfangen (17. September 1562).
Die heilige Kommunion ist das Kommunion-Sakrament der Eucharistie. Wie dasselbe Konzil von Trient definiert, wird Christus gegenwärtig in der Eucharistie nicht nur geistlich gegessen, sondern wirklich und sakramental. Wir empfangen tatsächlich seinen Leib und sein Blut und werden wahrhaft genährt von seiner Gnade. Es war der Wille Christi, “dass dieses Sakrament empfangen wird als geistliche Nahrung der Seele, um jene zu stärken und aufzuerbauen, die mit ihm leben.” Sie soll zudem “ein Heilmittel sein, um uns von unseren täglichen Unvollkommenheiten zu befreien und uns vor der Todsünde zu bewahren” (11. Oktober 1551).
Die Realpräsenz ist das Gegenwart-Sakrament der Eucharistie. Wie das? Die Realpräsenz ist ein Sakrament in jeder Hinsicht, weil die Menschheit Christi ein Gnadenkanal für alle ist, die glauben, dass der Sohn Gottes zu unserem Heil Mensch geworden ist.
Die Gnade der Menschheit Christi
Das grundlegende Thema der kirchlichen eucharistischen Lehre ist die Tatsache der
tröstenden Gegenwart Christi im Allerheiligsten Altarsakrament. Seine Realpräsenz im vollsten Sinn; die wesentliche Gegenwart, durch die der ganze und volle Christus, Gott und Mensch, gegenwärtig ist (Papst Johannes Paul II., 29. September 1979)
Wenn diese Glaubenstatsache anerkannt wird, ist es nicht schwer zu verstehen, warum das Gebet vor dem Allerheiligsten Altarsakrament so wirkungsvoll ist. Wahrlich es erklärt warum die Katholiken ohne weiteres die Realpräsenz einfach als das Allerheiligste Altarsakrament bezeichneten. Es ist ein Sakrament, oder besser, es ist das einzige Sakrament, das nicht nur Gnade vermittelt, sondern die eigentliche Gnadenquelle enthält, nämlich Jesus Christus selbst.
Wenn wir die Evangelien lesen, sind wir überwältigt durch die wunderbare Macht, welche der Menschheit Christi zu Eigen ist, wen sie Veränderungen bewirkt bei Menschen, die mit ihm in Berührung kommen. Schon im Leib seiner Mutter heiligte er den ungeborenen Johannes den Täufer in dem Moment, in dem Elisabet die Stimme Marias hörte. In Kana in Galiläa sagt Jesus auf die Bitte seiner Mutter hin zu den Dienern, “Füllt diese Krüge mit Wasser.” Als der, der für das Festmahl verantwortlich war, das Wasser versuchte, war es zu Wein geworden.”
Jesus hat mit menschlichen Lippen gesprochen, als er die Bergpredigt verkündete, als er die Gleichnisse lehrte, den Sündern vergab, die Pharisäer zurechtwies, wenn er sein Leiden vorhersagte und seinen Jüngern auftrug, ihr Kreuz zu tragen. Jesus berührte den Blinden mit menschlichen Händen und heilte den Aussätzigen durch ein Wort seiner menschlichen Stimme. Bei einer Gelegenheit berührte eine kranke Frau den Saum seines Gewandes. “Im selben Augenblick”, sagt der Hl. Markus, “fühlte Jesus, dass eine Kraft von ihm ausströmte, und er wandte sich in dem Gedränge um und fragte: Wer hat mein Gewand berührt?” Die Frau war sofort geheilt. Bezeichnenderweise sagt Jesus zu ihr, “dein Glaube hat dir geholfen.”
Während seines gesamten öffentlichen Dienstes war die Menschheit Christi das Mittel, durch das er den Verstand seiner Hörer erleuchtet, die göttliche Freundschaft ihrer Seelen erneuert, ihre behinderten und kranken Körper geheilt und ihnen Gottes ewigen Frieden verheißen hat. Das ist es was der Hl. Johannes meint, wenn er im Prolog seines Evangeliums sagt: “Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.” Warum? Weil Christus der eingeborene Sohn Gottes Fleisch geworden ist und nicht nur unter uns gelebt hat, sondern fortfährt in unserer Mitte zu leben in der Eucharistie.
Um von diesen Quellen der unendlichen Weisheit und Kraft zu leben, die uns in der Eucharistie verfügbar sind, müssen wir glauben. In den Worten des Adoro Te können wir sagen:
Was Gott Sohn gesprochen, nehm ich glaubend an;
er ist selbst die Wahrheit die nicht trügen kann.
Einst am Kreuz verhüllte sich der Gottheit Glanz,
hier ist auch verborgen deine Menschheit ganz.
Beide sieht mein Glaube in dem Brote hier.
Wer das zu Christus in der Eucharistie sagen kann, wird aus Erfahrung lernen, was die Kirche meint, wenn sie uns sagt, dass die Realpräsenz ein Sakrament ist. Es ist derselbe Erlöser, der unsere menschliche Natur angenommen hat, um für uns auf Golgota zu sterben und der jetzt durch dieselbe jetzt verherrlichte Menschheit die Segnungen des Heils verteilt.