Der Glaube an die wirkliche physische Gegenwart Christi in der Eucharistie wuchs aus den Lehren der Evangelisten und des heiligen Paulus. Sie machten es offensichtlich für die apostolische Kirche, dass die eucharistischen Elemente in Wirklichkeit Jesus Christus selber sind, der so sein Heilswerk unter den Menschen fortsetzt.
Johannes und Paulus äußern sich besonders deutlich. Johannes hält den Zweifel der Jünger Christi fest bei seiner Predigt über die Wirklichkeit seines Leibes und Blutes als Nahrung und Trank, wenn er schreibt: “Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher. Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen?” Simon Petrus hat zwar auch nicht mehr als jene verstanden, die Jesus verließen, aber seine Treue war stärker. Und so antwortete er: “Herr, zu wem sollen wir gehen?” (Joh 6,66-68)
Der Korintherbrief des Apostels Paulus tadelt die Gläubigen, weil sie die Agape, ein wunderbares Zeichen der Einheit, zu einem Moment der Spaltung gemacht haben. Er erinnert sie daran, dass die Eucharistie keine gewöhnliche Nahrung ist. Sie ist tatsächlich der Leib und das Blut Christi gemäß der Tradition, die “ich vom Herrn empfangen, und euch dann überliefert habe.” (1Kor 11,23-26)
An der Wende zum zweiten Jahrhundert muss Ignatius von Antiochien auf seinem Weg zum Martyrium nach Rom die Christen warnen, sich nicht von den Gnostikern – wir würden heute “Schwärmer” sagen – beeinflussen zu lassen, welche die wirkliche Gegenwart Jesu in der Eucharistie geleugnet haben. Ignatius erklärt: Diese Leute verzichten auf die Eucharistie, weil sie nicht annehmen, was wahrer christlicher Glaube ist, dass nämlich in der Eucharistie derselbe Jesus Christus gegenwärtig ist, der gelebt hat, gestorben und von den Toten auferstanden ist zu unserem Heil.
Unter dem Einfluss dieses Glaubens bewahrten die frühen Eremiten die Eucharistie in ihren Zellen auf. Mindestens seit der Mitte des dritten Jahrhunderts war es bei den Einsiedlern im Osten, besonders in Palästina und Ägypten, üblich, die konsekrierten Hostien in ihren Höhlen und Einsiedeleien zu aufzubewahren.
Die unmittelbare Absicht dieser Aufbewahrung war es, den Eremiten zu ermöglichen, sich selbst die Heilige Kommunion zu reichen. Diese Einsiedler aber waren sich wohl bewusst, welcher Art die wirkliche Gegenwart Jesu in der Eucharistie war und behandelten sie mit größter Ehrfurcht, wohl wissend welch große Gnade ihnen gewährt ist, in der Nähe des Allerheiligsten Sakramentes zu wohnen.
Sie hatten aber das Allerheiligste nicht nur bei sich in ihren Zellen, sondern sie trugen es auch bei sich, wenn sie unterwegs waren. Diese Gewohnheit wurde möglich durch das sogenannte fermentum, ein Brauch, der sicherlich bis um das Jahr 120 n. Chr. zurückreicht. Fermentum bezeichnet den Ritus, ein Stückchen der Eucharistie (manchmal in den Kelch eingetaucht) vom Bischof einer Diözese zum Bischof einer anderen Diözese zu bringen. Dieser konsumierte dann dieses Stückchen in der nächsten feierlichen Messe als Zeichen Einheit zwischen den Kirchen. Dieser Brauch wurde fermentum (Sauerteig) genannt, nicht nur weil gesäuertes Brot verwendet wurde, sondern auch weil die Eucharistie den Sauerteig der Einheit bezeichnet, der die Christen durchdringt und verwandelt, so daß sie eins werden mit Christus.
Bereits im zweiten Jahrhundert schickten Päpste die Eucharistie zu anderen Bischöfen als eine Bitte um Einheit im Glauben, gelegentlich taten Bischöfe gegenüber ihren Priestern dasselbe.
Als das Mönchtum sich vom Einsiedlertum zum Gemeinschaftsleben wandelte, erhielten die Mönche manchmal weiterhin dieses Privileg, die Eucharistie bei sich zu tragen. Sie trugen das Allerheiligste bei sich bei der Arbeit auf dem Feld oder auf der Reise. Die Hostie wurde entweder in einem kleinen Gefäß (chrismale) um Schulter und Brust, oder in einer kleinen Tasche (perula) unter der Kleidung um den Hals gehängt. Irische und britische Handschriften erwähnen diesen Brauch sehr häufig. Man tat dies nicht nur um die Hostien für den Kommunionempfang parat zu haben, sondern auch, um sich des Schutzes gegen Räuber und gegen die Gefahren des Reisens zu versichern.
Die Lebensbeschreibung des Hl. Comgall (+601) erzählt uns, wie dieser einmal von Heiden angegriffen wurde, während er auf dem Felde arbeitete. Als diese das Chrismale um seinen Hals hängen sah, wagten sie es aber aus Angst vor Rache nicht, ihn anzurühren, denn sie ahnten – so der Erzähler – dass Comgall seinen Gott bei sich hat. Tief bewegt von dieser Erfahrung rief der Heilige aus: “Herr, du bist meine Stärke, meine Zuflucht und mein Erlöser.”
Schon seit der Zeit des Konzils von Nizäa (325) wissen wir, dass begonnen wurde die Eucharistie in Klosterkirchen und Konventen aufzubewahren. Der unmittelbare Grund für diese Aufbewahrung waren die Kranken und die Sterbenden, und ebenso das fermentum. Natürlich war der geweihte Charakter der Hostien anerkannt und der Platz für ihre Aufbewahrung wurde der profanen Verwendung entzogen.
Vom Anfang des Gemeinschaftslebens an wurde deshalb das Allerheiligste Altarsakrament ein integraler Bestandteil des Kirchenbaus in einem Kloster. Eine verwirrende Vielfalt von Namen wurde verwendet, um den Aufbewahrungsort zu bezeichnen: Pastoforium, diakonikon, secretarium, und prothesis sind die Bekanntesten. So weit wir das sagen können, wurde die Eucharistie ursprünglich in einem besonderen Raum aufbewahrt, gleich neben dem Heiligtum, aber abgetrennt von der Kirche in der die Messe gefeiert wurde.
Sicher seit dem 9. Jahrhundert dann wurde das Allerheiligste Altarsakrament in der Klosterkirche selbst aufbewahrt, nahe beim Altar. Es gibt ein Gedicht aus dem Jahre 802, das uns von einem Gefäß (pyxis) mit geweihten Hostien über dem Hochaltar in der Abteikirche von Lindisfarne in England erzählt.
Der Brauch der Aufbewahrung der Eucharistie in religiösen Häusern war so allgemein, dass es nicht einmal vor dem Jahr 1000 einen gegenteiligen Hinweis gibt. Und tatsächlich, es sind noch zahlreiche Anweisungen vorhanden, die den Schutz der geweihten Spezies gewährleisten sollten – wie es das Sprichwort sagt: “vor der Entweihung durch Mäuse und gottlose Menschen”. Die Hostien mussten hinter Schloss und Riegel und manchmal in einem Gefäß aufbewahrt werden, das man hoch genug hängen konnte, um nicht so leicht von ungeweihten Händen erreicht werden zu können.
Es ist interessant festzustellen, dass eine der ersten eindeutigen Erwähnungen über die Aufbewahrung des Allerheiligsten Altarsakramentes sich in der Lebensbeschreibung des Hl Basilius befindet (+379). Basilius hat demnach, wenn er die Messe in seinem Kloster gefeiert hat, das eucharistische Brot in drei Stücke geteilt. Einen Teil hat er selber konsumiert, den zweiten Teil gab er den Mönchen und der dritten legte er in eine goldene Taube, die über dem Altar aufgehängt war.
Das würde bedeuten, obwohl wir weniger Zugang zu ostkirchlichen Quellen haben, dass die orientalischen Klöster Jahrhunderte vorher bereits die eucharistischen Elemente in der Klosterkirche selbst aufbewahrten und nicht nur in einem abgetrennten Raum.
Unter den Schätzen auf dem Monte Cassino die scheinbar im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden, waren zwei kleine alte Tabernakel, einer aus Gold und ein anderer aus Silber. Sie waren Geschenkte von Papst Viktor III (+1087), der vor seiner Wahl zum Papst Abt im Kloster Monte Cassino war.